Vortrag von Prof. Dr. Manfred Spitzer

Okt 17, 2014 | Veranstaltungen

Bekannter Hirnforscher zu Gast bei der Lebenshilfe Ostallgäu

Zu einer weiteren besonderen Veranstaltung hatte die Lebenshilfe im Rahmen ihres Festprogramms zum 50-jährigen Jubiläum eingeladen. Der sehr bekannte und populäre Hirnforscher Prof. Dr. Manfred Spitzer war ins Fendt-Forum nach Marktoberdorf gekommen, um dort einen Vortrag zum Thema »Mentale Stärke statt digitaler Demenz« zu halten. Manfred Spitzer ist Professor für Psychiatrie und leitet die psychiatrische Universitätsklinik in Ulm sowie das von ihm 2004 gegründete Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen. Der Gehirnforscher arbeitet an der Schnittstelle von Geist und Gehirn in den Bereichen der kognitiven und sozialen Neurowissenschaft.
Die Firma Agco-Fendt hatte das Forum freundlicherweise zur Verfügung gestellt, um die Lebenshilfe zu unterstützen. Fast 500 Menschen waren gekommen, um Professor Spitzer in einem tollen Ambiente zu erleben. Eingerahmt von Traktoren bot das Forum bei abendlicher Beleuchtung und voller Bestuhlung einen beeindruckenden Rahmen.
Herr Nuscheler von der Firma Agco-Fendt hieß die Gäste im Forum herzlich willkommen und wies auf eine lange Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Ostallgäu hin. Bürgermeister Hell begrüßte den prominenten Gast im Namen der Stadt Marktoberdorf und bedankte sich in seinem Grußwort bei der Lebenshilfe und bei Fendt für die Veranstaltung. Hans Raabe, zweiter Vorsitzender der Lebenshilfe, freute sich über den großen Zuspruch, den die Lebenshilfe an diesem Abend und im ganzen Jubiläumsjahr erfahren hatte. In seiner launigen Begrüßung wies er darauf hin, wie wichtig das Thema Bildung gerade auch für Menschen mit Beeinträchtigungen sei.
Manfred Spitzer zog das große Publikum sofort in seinen Bann. Während des über eineinhalbstündigen Vortrags hätte man eine Stecknadel fallen hören können.
Mit vollem Einsatz, sehr viel Emotion und einer guten Portion Humor riss er die Zuhörer förmlich mit.
Anhand von Bildern und Grafiken erklärte er, was Lernen im Gehirn bewirkt. Jeder Lernvorgang verursache neue Schaltstellen und Vernetzungen. Je mehr ein Gehirn davon hat, umso leistungsfähiger, aufnahmefähiger und widerstandfähiger gegen Erkrankungen sei es. Er machte deutlich, dass das Gehirn nur über unsere Sinne mit der Außenwelt verbunden sei. Es könne sich darum auch nur unter dem Einsatz aller Sinne wirklich weiterentwickeln.
Damit sich das Gehirn von Kindern gut entwickelt, müssten sie alle Dinge mit ihren Händen im wahrsten Sinne des Wortes »begreifen« und erleben. Kinder, die viel Zeit vor Bildschirmen verbringen, lernen nur wenig oder gar nichts, denn die meisten ihrer Sinne bleiben ungenutzt. Stattdessen müssten Kinder Sport treiben, Musik machen, ihre Hände nutzen oder eine zweite Sprache lernen. So könnten sie eine mentale Stärke entwickeln, die sie durch das ganze Leben tragen kann. Es gebe z.B. zahlreiche Studien, die belegen, dass eine zweite Sprache den Einsatz von Demenz im Alter im Schnitt um fünf Jahre verzögere.
Spitzer zeigte außerdem mehrere Studien, nach denen der Einsatz von Computern im Schulunterricht praktisch keine förderliche Wirkung gezeigt habe. Belegt sei auch die schädliche Wirkung von Smartphones, und zwar je mehr, um so häufiger die Geräte genutzt würden.
Anstatt Kinder vor Bildschirme zu setzen, solle man mit ihnen spielen, vorlesen und viele reale Dinge unternehmen. Er appellierte an die Politik, mehr Geld in die vorschulische Förderung zu investieren. Es sei bewiesen, dass dies die größte Wirkung auf das Lernen und die Entwicklung von Kindern entfalten würde.
Auch in späteren Jahren könne das Gehirn fit gehalten werden, in dem man ein aktives Leben führe. Was für Kinder gelte, bleibe auch im Alter wichtig und richtig.
Die Zuhörer waren von Prof. Spitzers Ausführungen sehr beeindruckt und dankten ihm mit begeistertem Applaus. Im Anschluss stand er am Büchertisch für Fragen und Signierungen zur Verfügung, was die Gäste intensiv in Anspruch nahmen.
Ein Gast brachte die Stimmung kurz auf den Punkt: Ein toller Abend!

Büchertipp: Prof. Dr. Manfred Spitzer: »Digitale Demenz«. — Sein neues Buch erscheint voraussichtlich im Frühjahr.

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