Eine sinnstiftende Tätigkeit

Sep 29, 2023 | Themen

Im Dialog mit Alexander Waldner

Alexander Waldner ist Gruppenleiter im Berufsbildungsbereich (BBB) bei den Wertachtal-Werkstätten in Füssen. Der 55-jährige kommt ursprünglich aus der Industrie. Zu den Wertachtal-Werkstätten brachte ihn sein Wunsch nach beruflicher Veränderung. Und die Erinnerung an eine wertvolle Zeit als Zivildienstleistender. Seit einem dreiviertel Jahr kann er seine Erfahrungen einbringen.

Was haben Sie bisher erlebt?

Ich bin erst seit neun Monaten bei den Wertachtal-Werkstätten. Ich fühle mich sehr wohl. Seit dem ersten Tag. Die bisherige Zeit war geprägt durch Lernen. Ich habe gelernt, die Menschen mit ihren besonderen Fähigkeiten zu verstehen. Und daraufhin den Bildungsauftrag bei jedem individuell auszuarbeiten. Das war ein großer Lern- und Aha-Effekt.

Was haben Sie zuvor gemacht?

Ich bin gelernter Maschinenbau-Techniker. Die letzten 30 Jahre war ich in der Industrie tätig. Ich war auch im Trainingsbereich und habe Schulungen durchgeführt. Ich arbeite gern mit Menschen zusammen.

Ich weiß, wie ein Industrieunternehmen funktioniert. Das hilft mir jetzt im BBB. Ich kann es den Teilnehmer*innen erklären. Über Praktika und Außenarbeitsplätze können wir versuchen, sie auf den allgemeinen Arbeitsplatz vermitteln. Mit meinen Erfahrungen kann ich Bindeglied sein zwischen Werkstatt und Industrieunternehmen.

Wie sind Sie auf die Wertachtal-Werkstätten gekommen?

Ich hatte den Wunsch nach Veränderung. Ich habe meinen Zivildienst bei den Wertachtal-Werkstätten in Kaufbeuren gemacht. Das war vor 30 Jahren. Anfang der 90er Jahre. Ich war im Trainingsbereich. Heute nennen wir es BBB. Die Arbeit mit Menschen mit Besonderheiten habe ich damals schätzen gelernt. An diese wertvolle Zeit habe ich mich erinnert. Deswegen habe ich in der Personalabteilung angerufen. Im BBB in Füssen war zufällig eine Stelle frei.

Wie ist der BBB in Füssen aufgestellt?

Den BBB gibt es schon seit der Gründung. Wir sind zwei Gruppenleiter. Aktuell haben wir neun Teilnehmer*innen. Wir haben 80 Prozent ganz junge Leute. Sie kommen direkt von der Schule. Dazu kommen ein paar Quereinsteiger. Sie kommen mit Berufs- und Lebenserfahrung zu uns.

Wir arbeiten eng mit den Einrichtungsleitungen und den Gruppenleitern vor Ort zusammen. Wir sind zwar als BBB eigenständig. Trotzdem sind wir am Standort sehr gut integriert.

Was ist der Unterschied zwischen BBB und Betriebliche Inklusion?

Wir arbeiten eng mit den Jobcoaches der Betrieblichen Inklusion zusammen. Aber wir sind speziell für den Bereich Berufliche Bildung zuständig. Vor einem Außenpraktikum besprechen wir immer Lernziele mit den Teilnehmer*innen. Das Praktikum oder der Außenarbeitsplatz ist ein Mittel. Damit wollen wir diese Lernziele ermöglichen. Jemand sagt zum Beispiel: Ich möchte wissen, wie ein Industrieunternehmen funktioniert. Ich kann es ihm erklären. Oder ich ermögliche ihm, eine Woche lang in einem solchen Unternehmen zu arbeiten. Das ist nachhaltiger. Man macht persönliche Erfahrungen.

Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit?

Es ist eine sinnstiftende Tätigkeit. Ich gebe Menschen mit Besonderheiten die Chance, sich im Arbeitsmarkt erfolgreich einzusetzen. Ich helfe ihnen, etwas zu finden, was sie glücklich macht. Ich kann nah am Menschen arbeiten. Das war mir wichtig. Hier kann ich meine Erfahrungen einbringen.

Wie nehmen Sie die Wertachtal-Werkstätten insgesamt wahr?

Ich habe das Gefühl: Es wandelt sich etwas. Es ist eine Aufbruch-Stimmung. In den 90er Jahren haben wir gesagt: Bist du ein Mensch mit Beeinträchtigung? Dann haben wir einen Platz in der Werkstatt für dich. Heute passen wir uns mehr der Situation auf dem Arbeitsmarkt an. Wir fragen uns: Wie können wir als Gesellschaft Menschen mit Beeinträchtigung in die Arbeitswelt integrieren? Viele Unternehmen wissen noch nicht, wie sie das umsetzen sollen. Ich hoffe, dass die Gesellschaft sich weiter öffnet. Und nach und nach auch die Unternehmen.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Wertachtal-Werkstätten gGmbH feiert Jubiläum

Vor 50 Jahren wurde die Wertachtal-Werkstätten gGmbH in Kaufbeuren gegründet – seit 10 Jahren gibt es ihren Standort in Füssen. Aufgrund dieses Jubiläums lädt die Organisation zum Tag der offenen Tür ein: Am 6. Oktober von 14:00 bis 17:00 Uhr in den Wertachtal-Werkstätten Füssen, Hiebelerstraße 17.

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