Ein Blick hinter die ADI-Kulisse
Vor ziemlich genau zehn Jahren starteten wir in der Lebenshilfe Ostallgäu einen neuen Assistenzdienst mit dem Namen „ADI“. Unter dem Leitspruch „ADI geht mit“ wurde er mit dem Ziel gegründet, Menschen mit einer Behinderung im Alltag zur Seite zu stehen und bei alltäglichen Aktivitäten zu begleiten. Der persönliche Wunsch und die individuellen Bedürfnisse unserer Klienten bilden auch heute noch den zentralen Mittelpunkt unserer Arbeit.
Im Jubiläumsjahr haben wir uns einmal beim ADI umgehört und ein paar Stimmen gesammelt.

Wie heißen Sie?
Christine S., ich wohne in Kaufbeuren, bin Rollstuhlfahrerin und 57 Jahre alt.
Wie sind sie auf den Adi gestoßen?
Weil ich auf ein Konzert wollte und mir überlegt habe: „Wie mach ich denn das?“ Dann ist mir der Assistenzdienst eingefallen… Nun bin ich seit 2011 bereits dabei.
Warum nehmen Sie den ADI in Anspruch? In welchen Alltagsituationen benötigen Sie eine Assistenz?
- Um raus zu kommen
- Teilhaben am ,,normalen‘‘ Leben
- Als Begleitperson zum Einkaufen, Konzerte, ins Café gehen, Bummeln
Ich nutze den Adi als ,,verlängerten‘‘ Arm 🙂
Wie ist die Betreuung organisiert worden?
- Anruf bei der Lebenshilfe
- Zuteilung durch die/den Hauptamtliche/en Ansprechpartner
- Vorstellungsgespräch und Kennenlernen mit der Ehrenamtlichen
Mein schönstes Erlebnis mit dem ADI war….
Ein Konzertbesuch bei Hubert von Goisern in der Freilichtbühne Altusried
Der ADI ist mein verlängerter Arm.
Christine S. aus Kaufbeuren

Im vergangenen Jahr bekam der Assistenzdienst eine Anfrage die uns zunächst einmal als nicht lösbar erschien. Benedikt W., Bewohner eines unserer Wohnheime, hatte den Wunsch geäußert, künftig mit dem Fahrrad zur Arbeit in die Wertachtal-Werkstätten zu fahren. Uns war bewusst, dass dies die Kolleg*innen des Wohnheims nicht werden stemmen können. Die Wohnheime leisten eine großartige „Rund-um-die-Uhr-Betreuung“, aber eine individuelle Begleitung, besonders am Morgen – wo alle Bewohner frühstücken wollen, teilweise pflegerisch unterstützt werden müssen und auch noch nahezu gleichzeitig zu den Förder- bzw. Werkstätten abgeholt werden – dies erschien uns völlig unrealistisch.
Aber der Wunsch des jungen Mannes kam unserer gelebten Philosophie zu mehr Selbstbestimmung entgegen, also wollten wir unbedingt eine Lösung finden. In gemeinsamen Gesprächen mit dem Wohnheim haben wir dann doch eine Lösung gefunden. Benedikt war bisher in einer von der Lebenshilfe organisierten Fahrradgruppe. Dort wird wöchentlich fleißig trainiert. Aber eine selbständige Fahrt im morgendlichen Berufsverkehr? Geht das überhaupt? Ja, es geht. Eine Begleitung konnte gefunden werden und nach nur wenigen – begleiteten – Übungsfahrten, konnte Benedikt mir großer Freude und absoluter Fahrsicherheit in die Werkstatt radeln und nach Feierabend wieder zurück. Das Wetter im vergangenen Jahr war uns wohlgesonnen, so dass Benedikt an vielen Arbeitstagen zur Arbeit fahren konnte. In 2020 war nun alles anders. Die Werkstätten waren lange Zeit geschlossen und Betreuungen durch den Assistenzdienst waren nicht möglich. Seit Mitte August ist dies nun wieder machbar. Wir haben eine neue Begleitung für Benedikt gefunden. Wir wünschen beiden allzeit eine gute und unfallfreie Fahrt!
Ich radel jetzt zur Arbeit, dank des ADIs!
Benedikt W. aus Kaufbeuren

Florian Z., 22 Jahre, wohnhaft in Kaufbeuren, in Ausbildung, ehrenamtlicher Mitarbeiter der Lebenshilfe Ostallgäu, im Interview mit Werner Arth, 57 Jahre alt, arbeitet in der Fertigung der Wertachtal-Werkstätten, Mitglied des Werkstattrates.
Florian: Werner, wie bist du den an den Assistenzdienst der Lebenshilfe gekommen?
Werner: Den Assistenzdienst gibt es ja schon seit zehn Jahren. Ich habe davon in den Wertachtal-Werkstätten erfahren.
Florian: Wofür benötigst du denn den Assistenzdienst?
Werner: Ich bin ein sogenannter Späterblindeter. Ich wohne – gemeinsam mit meiner Mutter – in meinem Elternhaus. Da es meine vertraute Umgebung ist, komme ich dort im Alltag ganz gut klar. Aber sobald es um Aktivitäten außerhalb meines gewohnten Umfelds geht, benötige ich Unterstützung. Daheim benötige ich aber auch ab und an eine Hilfe, z. Bsp. bei der Essenszubereitung.
Florian: Was unternimmst du denn so mit Unterstützung des Assistenzdienstes?
Werner: Ich versuche so aktiv wie möglich zu sein. Ich gehe einmal monatlich zum Kegeln, ich treffe mich auch mit Mitgliedern des Blindenbundes und als Dialysepatient komme ich regelmäßig zum Austausch mit Menschen zusammen, die auch zur Dialyse müssen. Aber ich gehe auch gerne einmal etwas spazieren oder zum Eis essen.
Florian: Wie funktioniert denn konkret die Begleitung durch die ehrenamtlichen Mitarbeiter?
Werner: Da ich auf dem Dorf wohne, bin ich darauf angewiesen, dass mich meine Begleitung abholt und wieder nach Hause bringt. Aber es geht auch um so banale Dinge wie z. Bsp. eine Speisekarte vorzulesen oder mir die Umgebung zu beschreiben.
Florian: Musst du diese Begleitung denn aus der eigenen Tasche bezahlen?
Werner: Das wäre durchaus möglich. Doch in der Regel kann man das über die Pflegekasse abrechnen. Wenn sich jemand für den Assistenzdienst interessiert, gibt es zunächst immer eine Beratung, wo der Bedarf besprochen wird, aber auch die Finanzierungshilfen erläutert werden.
Werner: Aber Florian, jetzt habe ich einmal eine Frage an dich: wie bist du denn eigentlich zum Assistenzdienst gekommen?
Florian: Mein Vater ist hauptamtlich bei der Lebenshilfe Ostallgäu beschäftigt. Er hat mir vom Assistenzdienst erzählt. Ich habe nicht lange überlegen müssen. Ich kann so einen gesellschaftlichen Beitrag leisten.
Werner: Du machst das ja ehrenamtlich, das heißt, du bekommst dafür kein Geld?
Florian: Ja, es ist ehrenamtlich. Ein positiver Nebeneffekt ist allerdings, dass wir als ehrenamtliche Mitarbeiter eine Aufwandsentschädigung erhalten.
Florian: Was hast du denn für die kommenden Wochen so geplant?
Werner: Naja, je nach Corona-Lage, würde ich im Advent wieder gerne einen Weihnachtsmarkt besuchen und mal ins Kino gehen.
Florian: Ins Kino?
Werner: Ja, ich habe gehört, dass immer mehr Kinohäuser Filme mit Audiodeskription anbieten.
Florian: Audiodeskription?
Werner: Audiodeskription ist eine akustische Bildbeschreibung, ein Verfahren, das blinden und sehbehinderten Menschen hilft, visuelle Vorgänge besser wahrnehmen zu können.
Florian: Das klingt interessant. Also planen wir für den Herbst einen Kinobesuch und im Advent hoffentlich einen Weihnachtsmarktbesuch.
Werner: Das würde mich sehr freuen. Aber zunächst hoffen wir doch erst einmal, dass wir gesund bleiben.
Florian: Ja, danke Werner, dies war auch ein gutes Schlusswort.
Werner: Ich danke dir!
Ich versuche, so aktiv wie möglich zu sein.
Werner A. aus Kaufbeuren
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