5600 Quadratmeter voll neuer Perspektiven
Die Wertachtal-Werkstätten weihen neuen Gebäudekomplex M9 in der Kaufbeurer Moosmangstraße 9 feierlich ein
Jahrzehntelang sorgte die Firma Kinoton mit ihren Geräten zur Filmvorführung dafür, dass Menschen die Welt von einer anderen Seite sehen konnten. Bis zur digitalen Revolution. Seither stehen in den Vorführräumen der Kinos Beamer und Festplatten statt Filmrollen und Projektoren. Das Geschäftsmodell hatte sich innerhalb weniger Jahre überholt. Jetzt eröffnen die Wertachtal-Werkstätten im ehemaligen Kinoton-Werk, nach seiner Adresse in der Moosmangstraße 9 M9 genannt, neue Perspektiven für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen.
2015 hat die Werkstatt für Menschen mit Behinderung den Gebäudekomplex mit rund 5600 Quadratmetern erworben. Nun wurde er nach Fertigstellung einiger Umbaumaßnahmen im Rahmen eines Sommerfests feierlich eingeweiht.
Neue Heimat für Elektroabteilung und Förderstätte
Die Elektroabteilung der Wertachtal-Werkstätten versorgte über Jahre hinweg die benachbarte Kinoton GmbH mit komplexen Kabelbäumen für ihre Installationen. Kabelbäume gibt es in der M9 noch immer. Die Kabel werden jetzt dort beschriftet, zusammengestellt und an verschiedene Firmen im In- und Ausland geliefert. Mit intensiver Begleitung und Übung schaffen es die dort beschäftigten Menschen mit Behinderung diese schwierigen Aufträge zu bearbeiten. „Die Qualität muss top sein, sonst können wir auf dem Markt nicht bestehen“, so Werkstattleiter Jürgen Chmiel.
Aber nicht nur die leistungsfähigsten unter den Werkstatt-Beschäftigten haben einen Platz im neuen Gebäude. Im ersten Stock befinden sich drei Förderstätten-Gruppen. Hier finden sich Menschen mit sehr hohem Unterstützungsbedarf. „Es ist uns ein Anliegen, diese Menschen nicht abzusondern, sondern entsprechend ihrer Möglichkeiten langsam an den Werkstatt-Betrieb heranzuführen. Die räumliche Lage ermöglicht Begegnungen, vereinfacht Phasen der Probearbeit und gewährt gleichzeitig die Möglichkeit sich bei Bedarf wieder in seinen Schutzraum zurückzuzuziehen,“ so Inge Lechner, die die Förderstätte schon in den Achziger Jahren aufgebaut hat und seitdem leitet und weiter entwickelt.
Die Begeisterung steckt an
Bei der Einweihungsfeier konnten auch Wertachtal-Geschäftsführer Alfons Regler und Oberbürgermeister Stefan Bosse erleben, welche Begeisterung Herausforderungen, die gemeistert werden, auch bei den Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen entfachen können. Die Musikgruppe der Förderstätte, bestehend aus Menschen mit und ohne Behinderung, umrahmte den Festakt mit teils selbstkomponierten- und getexteten Liedern. Schon bei den ersten Tönen sprang der Funke über. Die Besucher, Mitarbeiter und Beschäftigten wurden von der besonderen positiven Energie erfasst, die sich so fast nur in der Förderstätte erleben lässt. Ein unbedingtes „Ja“ zum Leben, so wie es ist. Trotz aller Einschränkungen, die man bei sich oder beim anderen wahrnimmt. Diese Haltung eröffnet ungeahnte Möglichkeiten.
M9 kann noch mehr
Auch die Möglichkeiten des neuen Gebäudes sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. In nächster Zeit soll mit der Metallabteilung ein weiterer High-Tech-Bereich der Wertachtal-Werkstätten in das neue Gebäude umziehen. Außerdem sollen die Logistik-Aktivitäten des gesamten Standorts dort konzentriert werden. Hierzu sind noch einige Planungen und Umbauten notwendig. Aktuell werden die freien Flächen noch als Lagerraum und als Trainingshalle für das Stockschieß-Team der Werkstatt genutzt. Alfons Regler ist jedoch sicher, dass die ganze M9 in nicht allzu ferner Zukunft wieder zu einem Ort wird, an dem dafür gearbeitet wird, dass sich Menschen eine neue Welt öffnet.
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